Optilume-Verfahren
Schonende Behandlung von Harnröhrenstrikturen mittels Optilume-Operation
Was ist eine Harnröhrenstriktur?
Eine Harnröhrenstriktur ist eine narbige Verengung der Harnröhre, die den Harnfluss einschränken kann. Unbehandelt können Strikturen bei Männern zu schwerwiegenden Komplikationen wie Blasen- und Nierenschäden, Infektionen, eingeschränkter Ejakulation und Unfruchtbarkeit führen.
Welche häufigen Symptome treten bei Harnröhrenstrikturen auf:
- Langes Warten bis zum Beginn des Urinstrahls
- Schwacher oder unregelmäßiger Fluss
- Anstrengung beim Wasserlassen
- Schmerzen beim Wasserlassen
- Ein Gefühl der unvollständigen Entleerung
- Nachtröpfeln nach dem Wasserlassen
Welche Folgeschäden können nach verzögerter Behandlung einer Harnröhrenstriktur auftreten?
Unbehandelt können Strikturen bei Männern zu schwerwiegenden Komplikationen wie Blasen- und Nierenschäden, Infektionen (zum Beispiel Prostatitis oder Epididymitis), akuter Harnverhaltung, eingeschränkter Ejakulation und Unfruchtbarkeit führen. In häufigen Fällen verhindert die Striktur, dass sich die Blase vollständig entleert, was in der Folge zu Harnwegsinfekten, bis hin zu einem Rückstau von Urin bis in die Nieren führen kann, was bei längerem Bestehen dauerhafte Nierenschäden, im schlimmsten Fall sogar ein Nierenversagen hervorrufen kann.
Was sind die Ursachen von Harnröhrenstrikturen?
Operationen im Bereich des unteren Harntraktes:
- die Folgen urethraler Manipulationen (zum Beispiel: traumatische Dauerkatheteranlage, transurethrale Eingriffe wie transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P), oder Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP der Prostata), Greenlight-Laserung der Prostata (GLL), Hypospadiekorrekturen, Prostatektomien, Brachytherapie, Steintherapie) können zur Entwicklung von Harnröhrenstrikturen führen.
- Urogenitale Infektionen (zum Beispiel: bakterielle Urethritis)
- gutartige, nicht ansteckende Erkrankungen des Hautbindegewebes (Lichen sclerosus et atrophicus)
- Idiopathisch
Wie wird die Harnröhrenstriktur diagnostiziert:
Diagnostik:
Körperliche Untersuchung
Bei der körperlichen Untersuchung zeigt die Inspektion des Genitalen, die Position und Weite des Meatus, Veränderungen im Sinne eines Lichen sclerosus sowie Zeichen einer Hypospadie bzw. einer vorangegangenen Hypospadiekorrektur.
Technische Untersuchung mit Uroflowmetrie:
Die einfachste technische Untersuchung ist die Uroflowmetrie (Abb. 1). Bei dieser Untersuchung wird der Harnstrahl (gemessen als Volumen pro Zeiteinheit) über die gesamte Miktionszeit aufgezeichnet.
Mit dem typischen plateauförmigen Profil kann die Striktur als Ursache einer obstruktiven Miktionsstörung von anderen Ursachen wie der benignen Prostatahyperplasie unterschieden werden.
Abb. 1 Typische Uroflowmetrie bei Harnröhrenstriktur mit plateauförmigem Flow
Retrograde Zystourethrographie:
Mit dieser Untersuchung wird die Lage und die Länge der Striktur bestimmt. Diese Informationen sind jedoch für die weitere Planung der Therapie unverzichtbar.
A
B
Abb. 2 Zystourethogramm einer A langstreckigen bulbären Striktur, B langstreckigen penilen Striktur
Diagnostische Urethroskopie:
Die Urethroskopie gibt Aufschluss über die Lage und Anatomie der Striktur, des Vorhandenseins eines Harnröhrensteins oder Neoplasie des unteren Harntraktes.
Welche ist die aktuelle Standardtherapie der Harnröhrenstriktur?
Endoskopische Therapie
Als minimalinvasive Behandlungsoptionen stehen die Aufdehnung mit Harnröhrenkathetern (Dilatation) oder die endoskopische Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie) zur Verfügung.
Offen rekonstruktive Eingriffe:
Alternativ kommen auch offene Schnittoperationen zum Einsatz. Gute Ergebnisse bei kurzstreckigen (< 2,5 cm) Strikturen der bulbären Harnröhre werden mit der Strikturresektion und End-zu-End-Anastomose erreicht.
Bei längerstreckigen bulbären und allen penilen Strikturen wird die Graft-Urethroplastik durchgeführt. Dabei wird die Harnröhre im Bereich der Striktur komplett mobilisiert und von den Schwellkörpern abpräpariert. Anschließend erfolgt eine Eröffnung der Urethra über die gesamte Länge der Striktur in Längsrichtung, und ein freies Transplantat („Graft“) wird zur plastischen Erweiterung des entstandenen Defekts eingenäht.
Bei komplexen Rezidiv-Strikturen, bei denen Patienten keine aufwendigen operativen Rekonstruktionen mehr wünschen oder bei Vorliegen von multiplen Komorbiditäten, kann die Anlage einer perinealen Urethrostomie (Boutonnière) als ein einfaches und effektives Verfahren erfolgen. Dabei wird die bulbäre Harnröhre direkt in die perineale Haut unterhalb des Skrotums eingenäht. Dadurch wird die distale Urethra funktionell ausgeschaltet und unter Kontinenzerhalt wird eine Miktion im Sitzen ermöglicht.
Häufige Komplikationen der offenen Rekonstruktionen können das Auftreten von Penisverkrümmung, Ejakulationsstörungen, Sensibilitätsstörungen der Glans, Fistelbildung oder Hautnekrosen sein.
Die Erfolgsraten einer offenen Schnittoperation sind zwar deutlich höher als bei den oben beschriebenen endoskopischen Verfahren, jedoch ist sie für den Patienten belastend und stellt hohe Ansprüche an die Erfahrung des behandelnden Operateurs. Sie sollten nach den aktuellen Therapieempfehlungen nur bei einer im vorderen Harnröhrenabschnitt gelegenen Engstelle, einer Rezidivenge oder einer langstreckigen Verengung zum Einsatz kommen.
Welche Nachteile haben die gegenwärtigen endoskopischen Behandlungsoptionen?
Derzeitige endoskopische Verfahren zur Behandlung von Harnröhrenstrikturen wie zum Beispiel Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie) oder Harnröhrenbougierung (Dilatation) bzw. Aufdehnung mit Harnröhrenkathetern sind schmerzhaft und oft unwirksam, was zu häufigen Folgeeingriffen mit abnehmenden Ergebnissen führt.
Bei der Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie) wird die narbige Enge im Rahmen einer Endoskopie mit einem Messer inzidiert, so dass eine Erweiterung des Lumens resultiert. Dabei entstehende Wundränder werden expandiert und es kommt prinzipiell zu einer sekundären Wundheilung. Das führt wiederum zu einer Narbenbildung, was die hohe Rezidivrate nach diesem Eingriff erklärt.
Mit einem Wiederauftreten der Harnröhrenenge muss bei beiden endoskopischen Methoden in mindestens 50-60% der Fälle gerechnet werden, laut aktueller wissenschaftlicher Literatur. Eine wissenschaftliche Untersuchung zeigte, dass sich beide Therapieoptionen hinsichtlich ihrer Erfolgsrate nicht wirklich unterscheiden. Nach den derzeitigen Therapieempfehlungen können beide Verfahren zur Behandlung einer kurzstreckigen Engstelle angeboten werden.
Welche weitere endoskopische Alternative zur Behandlung einer wiederkehrenden Harnröhrenstriktur gibt es?
Optilume ist eine wirksame Alternative zu herkömmlichen endoskopischen Strikturbehandlungen und bietet eine minimalinvasive sofortige Linderung der Beschwerden.
Optilume wirkt, indem es das Wachstum von neuem Narbengewebe hemmt, was häufig nach Dilatationen (Harnröhrenbougierung) oder direkter visueller interner Urethrotomie (Harnröhrenschlitzung) auftritt.
Was ist Optilume und wie kommt es zur Anwendung?
Zu den besonderen Schwerpunkten gehören die Behandlung von Harnröhrenstrikturen mittels Optilum-Ballons. Das Verfahren wurde in Europa zuerst von Dr. Tosev und seinem Team im Januar 2021 etabliert und seitdem erfolgreich weiterentwickelt. Bisher wurden mehrere Dutzend Patienten erfolgreich behandelt. Seit Anfang 2022 ist unsere urologische Praxis als erstes Ambassador Zentrum in Europa zum Zwecke der Schulung externer Fachärzte anerkannt.
Optilume ist ein kleiner, zylindrischer, Medikament beschichteter Ballon (Siehe Abb. 3), der entwickelt wurde, um gleichzeitig die Harnröhre zu öffnen und das Bilden einer Striktur zu verlangsamen oder zu stoppen. Ähnliche Ballons beugen seit mehreren Jahren erfolgreich Folgebehandlungen nach kardiovaskulären Eingriffen vor.
Abb. 3
Wie läuft der Optilume Eingriff ab?
Der medikamentenbeschichtete Optilume Ballon ist eine neuere Technologie für die Behandlung von Harnröhrenstrikturen.
Der Eingriff erfolgt unter Analgosedierung mit Propofol oder örtlicher Betäubung.
Unter endoskopischer Sichtkontrolle, bei Bedarf und Verfügbarkeit auch unter Zuhilfenahme eines mobilen Röntgengerätes, wird mithilfe eines feinen Führungsdrahtes ein Katheter in die Harnröhre in Richtung der Blase eingeführt.
Am proximalen Ende des Katheters befindet sich ein Ballon, der mit dem Wirkstoff Paclitaxel beschichtet ist, welcher u.a. die (Neu-)-Bildung von Narbengewebe hemmt. Der Ballon wird so platziert, dass die Medikamentenbeschichtung die gesamte Striktur überlappend abdeckt.
Nach erfolgter Platzierung wird der Ballon innerhalb von ca. 30 Sekunden mit einer Natrium-Chlorid-Lösung (bei gleichzeitiger Röntgenkontrolle zusätzlich mit Kontrastmittel) gefüllt, bis er bei Erreichen von 10-12 Bar seine maximale Ausdehnung erreicht.
Durch die Dehnung des verengten Bereiches der Harnröhre entstehen kleinste Mikrofissuren im Narbengewebe, welches nun das Medikament von der Oberfläche des Ballons aufnehmen kann. Hierfür verweilt der Ballon zwischen 5-10 Minuten an gleicher Stelle.
Nach erfolgter Medikamenten-Abgabe wird der Ballon entblockt und mitsamt dem Katheter aus der Harnröhre entfernt. Nach dem Eingriff wird für bis zu 48 Stunden ein Dauerkatheter gelegt.
Ist bei dem Optilum-Verfahren eine stationäre Aufnahme des Patienten erforderlich?
Nein, eine stationäre Aufnahme des Patienten ist bei der Operation nicht notwendig.
Als ambulante Operation dauert die Behandlung ca. 20 Minuten und der Patient darf wieder nach Hause entlassen werden.
Wie lange bleibt der einliegende Blasenkatheter nach einer Optilume-Operation in der Blase?
Der Patient wird in einer weiteren ambulanten Behandlung mit einem Blasenkatheter entlassen. Der einliegende Blasenkatheter kann nach 48 Stunden in der Regel entfernt werden.
Wie ist die Rezidivrate einer Optilume-Operation?
Bei korrekter Indikation (in „label use“, bei bestimmungsgemäßem Gebrauch) ist die Rezidivfreiheit nach 4 Jahren bei Zustand einer Behandlung mit Optilume 67% laut der ROBUST-I-Studie.
Was ist Paclitaxel?
Paclitaxel, ein Arzneistoff, mit dem der Ballon beschichtet ist, ist ein antiproliferatives Medikament, das seit 1992 weltweit bei Millionen von Patienten in verschiedenen Anwendungen wirksam eingesetzt wird.
Welche Komplikationen sind nach einer Optilume-Operation zu erwarten?
Die Ballon-Dilatation bei Harnröhrenstriktur ist ein etabliertes Standardverfahren und verläuft in den meisten Fällen ohne ernsthafte Komplikationen. Während und nach dem Eingriff kann es jedoch auch unter Gewährleistung jedweder Sorgfalt zu vereinzelten Komplikationen kommen, die ggf. eine unmittelbare Behandlung erforderlich werden lassen.
Die häufigen Nebenwirkungen sind: leichte Schmerzen bei Miktion, transiente Hämaturie für einige Tage, und sehr selten Auftreten einer akuten Harnverhaltung oder Harnwegsinfektion.
Wie verhalte ich mich nach dem Optilume-Eingriff?
Die Optilume-Operation wird in der Regel ambulant durchgeführt. Bei dem ambulanten Eingriff vergewissern Sie sich, dass Sie von einer erwachsenen Person abgeholt werden können, da Sie bis 24 Stunden nach Operation kein Fahrzeug führen und keine gefährlichen Tätigkeiten ausüben dürfen.
Zum Vorbeugen vor Infektionen verzichten Sie bitte 14 Tage nach dem Eingriff auf jegliche sexuellen Aktivitäten (inkl. Masturbation), nach 14 Tagen für die Dauer von mindestens 2 Wochen ausschließlich unter Verwendung eines Kondoms.
Treten weitere Beschwerden und auffällige Störungen im Zusammenhang mit dem Eingriff auf (bspw. Blutungen, zunehmende Schmerzen, Temperaturanstieg), kontaktieren Sie uns bitte.